Wird eine Bewerberin wegen ihres Kindes nicht eingestellt, belegt das noch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13
Lehnt ein Arbeitgeber eine Bewerberin ab, weil sie ein sieben Jahre altes Kind hat, könnte das eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bei der Bewerbung sein.
Denn obwohl die Elternschaft Arbeitnehmerinnen als Mütter eigentliche in gleicher Weise „trifft“ wie Arbeitnehmer als Väter, stecken im Allgemeinen mehr Frauen als Männer im Berufsleben zurück, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.
Mit solchen allgemeinen bzw. abstrakten Statistiken kann eine abgelehnte Bewerberin aber nicht argumentieren, um zu belegen, dass sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13
Pressemitteilung Nr. 46/14 des BAG
Benachteiligung wegen des Geschlechts bei einer Bewerbung
Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, dh. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.
Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012, im beigefügten Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet, ein Kind“. Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „7 Jahre alt!“, dies und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ war unterstrichen. Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.
Die Revision der Beklagten, die vom Landesarbeitsgericht wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung iHv. 3.000,00 € verurteilt worden war, hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik (Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu. Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 18. September 2014 – 8 AZR 753/13 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 6. Juni 2013 – 11 Sa 335/13 –