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Arbeitsrecht

BAG zu Beurteilung im Arbeitszeugnis „… stets zu unserer vollen Zufriedenheit?“

Die obersten deutschen Arbeitsrichter haben die Rechte von Arbeitgebern gestärkt. Arbeitnehmer haben nicht pauschal Anrecht auf ein Zeugnis mit guter oder sehr guter Bewertung.

hier die Presseerklärung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2014:

Pressemitteilung Nr. 61/14

Leistungsbeurteilung im Zeugnis

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Außerordentliche Kündigung und Zweiwochenfrist

Der Arbeitgeber kann eine außerordentliche Kündigung vom Ausgang eines beamtenrechtlichen Disziplinarklageverfahrens abhängig machen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.09.2013, 2 AZR 741/12

Den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung dürfen Arbeitgeber nicht lange vor sich herschieben, denn für eine solche Kündigung hat man ab Kenntnis des Kündigungsgrundes nur zwei Wochen Zeit.

Die Zweiwochenfrist ergibt sich aus § 626 Abs. 2 BGB und soll dem gekündigten Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber verschaffen, ob der Arbeitgeber das Vertragsverhältnis fortsetzen will oder nicht.

Besteht der Kündigungsgrund in einer (möglichen) Straftat, können Arbeitgeber trotz der gesetzlichen Zweiwochenfrist den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten, um auf diese Weise genauere Informationen über den Kündigungssachverhalt zu gewinnen.

In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Arbeitgeber auch den Ausgang eines beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens abwarten kann, bevor er außerordentlich kündigt: 

Diskriminierung von Frauen bei der Bewerbung

Wird eine Bewerberin wegen ihres Kindes nicht eingestellt, belegt das noch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13

Lehnt ein Arbeitgeber eine Bewerberin ab, weil sie ein sieben Jahre altes Kind hat, könnte das eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bei der Bewerbung sein.
Denn obwohl die Elternschaft Arbeitnehmerinnen als Mütter eigentliche in gleicher Weise „trifft“ wie Arbeitnehmer als Väter, stecken im Allgemeinen mehr Frauen als Männer im Berufsleben zurück, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.
Mit solchen allgemeinen bzw. abstrakten Statistiken kann eine abgelehnte Bewerberin aber nicht argumentieren, um zu belegen, dass sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13

Annahmeverzug oder berechtigte Zurückweisung der Arbeitsleistung?

Muss der Arbeitgeber kriminelles Verhalten des Arbeitnehmers befürchten, führt die Zurückweisung der Arbeitsleistung nicht zum Annahmeverzug: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2014, 5 AZR 736/11

24.07.2014. Spricht der Arbeitgeber eine unwirksame Kündigung aus und nimmt die Arbeitsleistung zu Unrecht nicht entgegen, muss er den Lohn trotz unterbliebener Arbeitsleistung zahlen, denn er befindet sich im Annahmeverzug.

Dieser Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht allerdings in seltenen Ausnahmefällen nicht.

Ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, die Arbeitsleistung anzunehmen, z.B. weil er kriminelles Verhalten des Arbeitnehmers befürchten müsste, muss er keinen Annahmeverzugslohn zahlen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aktuellen Fall: BAG, Urteil vom 16.04.2014, 5 AZR 736/11. 

Wann ist eine Änderungskündigung verhältnismäßig?

Eine Halbierung der Arbeitszeit bei gleichem Stundenlohn ist besser als eine Lohnabsenkung bei gleichbleibender Arbeitszeit: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2014, 2 AZR 812/12

07.06.2014. Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus, stellt er den Arbeitnehmer vor die Wahl, das Änderungsangebot anzunehmen oder zu gehen. Das ist eine Wahl zwischen zwei Übeln, denn meist sollen Änderungsangebote die Vertragsbedingungen verschlechtern.

Hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), kann er das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die vom Arbeitgeber gewünschten Vertragsänderungen angemessen sind, d.h. „sozial gerechtfertigt“ (§ 2 KSchG). Dann kann er gerichtlich überprüfen lassen, ob die Vertragsänderung § 2 KSchG  entspricht oder nicht.

Bei dieser Prüfung kommt unter anderem es darauf an, dass die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nicht über das notwendige Maß hinausgeht, d.h. der Arbeitgeber muss die am wenigsten „schmerzhafte“ Vertragsänderung vorschlagen.

Kündigungsfristen gemäß Arbeitsvertrag und nach dem BGB

Vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfristen? Welche hat Vorrang?

Sechs Monate Kündigungsfrist bei zwei festen Endterminen pro Jahr (Ende Juni oder Dezember) gemäß Arbeitsvertrag sind besser als sieben Monate gemäß § 622 Abs.2 BGB: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.03.2014, 15 Sa 1552/13.

Je länger das Arbeitsverhältnis dauert, desto länger sind die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen, die der Arbeitgeber bei einer Kündigung einhalten muss.

In einem aktuellen Urteil hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist zulässig sein kann, wenn die arbeitsvertragliche Fristenregelung insgesamt für den Arbeitnehmer besser ist, d.h. einen höheren Bestandsschutz bietet.

Konkret heißt das nach Ansicht des LAG: Kann der Arbeitgeber gemäß Vertrag mit sechs Monaten Kündigungsfrist zu zwei festen Endterminen pro Jahr kündigen, nämlich zu Ende Juni oder zu Ende Dezember, bietet das dem Arbeitnehmer einen besseren Schutz als die gesetzliche siebenmonatige Kündigungsfrist zum Monatsende gemäß § 622 Abs. 2 BGB.

Kündigungsschutzklage gegen den falschen Beklagten

Ergibt sich aus Inhalt und Anlagen der Klageschrift, dass eine falsche Partei als Beklagter genannt wird, muss das Gericht die Klage an den richten Beklagten zustellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.02.2014, 2 AZR 248/13

Wer eine Kündigungsschutzklage gegen den falschen Beklagten richtet, bekommt nach einiger Zeit ein Problem, denn Kündigungsschutzklagen sind fristgebunden (3WochenFrist) einzureichen.

Stellt sich nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist heraus, dass der Prozess gegen den falschen Beklagten geführt wurde, ist der Arbeitnehmer möglicherweise der Dumme, weil infolge des Fristablaufs gegen die Kündigung nichts mehr zu machen ist.

Wenn sich allerdings aus der Klageschrift und ihren Anlagen, d.h. den in Kopie beigefügten Vertragsunterlagen, Gehaltsabrechnungen usw. ergibt, dass der Kläger in seiner Klage einen falschen Beklagten genannt hat und dass stattdessen ein anderer der richtige Beklagte ist, muss das Arbeitsgericht den Prozess in die richtige Bahn lenken. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aktuellen Urteil bekräftigt: BAG, Urteil vom 20.02.2014, 2 AZR 248/13.

BAG zur außerordentlichen Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen

Häufige Kurzerkrankungen können ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2014, 2 AZR 582/13.

Wer über Jahre hinweg immer wieder kurz erkrankt und seinen Arbeitgeber dadurch mit Entgeltfortzahlungskosten belastet, riskiert eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung.

Häufige Kurzerkrankungen können aber auch ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung  sein und damit auch unkündbare Arbeitnehmer treffen.

Note im Arbeitszeugnis: Was ist Durchschnitt?

Da nur noch wenige Arbeitszeugnisse die Note „befriedigend“ enthalten, ist sie als rechtliche Durchschnittsnote umstritten: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.03.2013, 18 Sa 2133/12.

Bewertet der Arbeitgeber die Leistungen des Arbeitnehmers unterdurchschnittlich, d.h. mit der Note „ausreichend“ oder gar „mangelhaft“ und verklagt der Arbeitnehmer ihn auf Zeugnisberichtigung mit dem Ziel einer Notenverbesserung, muss der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbracht hat.

Umgekehrt ist es, wenn der Arbeitnehmer eine bessere, d.h. überdurchschnittliche Note haben möchte. Dann muss er vor Gericht darlegen und beweisen, dass er überdurchschnittliche Leistungen gezeigt hat.